Beethovens Widerstreit von Krieg und Frieden


“Neues Volksblatt” vom 15.07.2014
Ressort: Kultur

Linz

Beethovens Widerstreit von Krieg und Frieden

Die Aufführung von Beethovens „Missa solemnis“ in der Basilika St. Florian wurde am vergangenen Freitag durch den geforderten feierlichen musikalischen Aufwand zum Großereignis der diesjährigen Stiftskonzertreihe. Dieses außergewöhnliche Werk beschäftigte den Komponisten fünf Jahre lang, bis es 1823 zugleich mit der Neunten Symphonie veröffentlicht wurde und ein Jahr später in Petersburg zur Uraufführung kam. Unangefochten ist dieses Werk die großartigste Leistung des 19. Jahrhunderts auf dem Gebiet der religiösen Musik. Stefan Vladar stellte sich der Aufgabe als Dirigent mit seinem Wiener Kammerorchester, dessen Chef er seit 2008 ist. Die große Schar des Wiener Singvereins lieferte im ehrfürchtigen Pianissimo (Einstudierung Heinz Ferlesch) mit allen geforderten harmonischen Rückungen eine zu bewundernde, vollkommene Klangwelt mit aufrichtig strahlenden Sopranen, fundierten Bässen — und das mit Textdeutlichkeit. Im Solistenquartett überragte Andrea Lauren Brown mit ihrem geschmeidigen und strahlend schönen Sopran, während Stephanie Houtzeel als fundiert klingende Mezzosopranistin eine ebenbürtige und ideale Partnerin war. Mit dem Tenor Markus Schäfer war der richtige Kyrie-Rufer am Werk. Das Quartett ergänzte als Bass der ehemalige Florianer Sängerknabe Klemens Sander. Beethoven schließt die Messe nicht mit einer erlösenden Apotheose des himmlischen Friedens, er lässt uns Zuhörer im irdischen Widerstreit von Krieg und Frieden gefangen in dieser Welt. Nach langer, stiller Besinnung folgte tosender Beifall von den begeisterten Konzertbesuchern.

grub