Spanische Stunden ohne Brüste


Wiener Zeitung vom 30. Mai 2015
Von Stephan Burianek

Die Wiener Kammeroper bringt Raritäten von Maurice Ravel und Francis Poulenc

(Auszug)
Was macht eine vernachlässigte Ehefrau, wenn sich ihre beiden Verehrer als Waschlappen erweisen? Sie nimmt sich den Möbelpacker. Das ist, kurz erklärt, die Handlung einer von Maurice Ravel in Musik gegossenen Slapstick-Komödie. “L’heure espagnole” (“Die spanische Stunde”) heißt der Operneinakter, dessen Titel das Zeitfenster für den ersehnten Seitensprung umschreibt und der aktuell in einer fulminanten Produktion des Theaters an der Wien in der Kammeroper zu sehen ist.

Möglich machte den Doppelabend der junge Dirigent Gelsomino Rocco, indem er die umfangreichen Partituren beider Werke meisterhaft für das Wiener Kammerorchester eingedampfte. Vor allem seine Version von Poulencs “Brüsten” beeindruckt, da sich darin trotz der Reduktion auf wenige Instrumente die Klangfarben weitgehend erhalten haben und sich mit den eklektischen Melodien zu einem kurzweiligen Fluss verbinden. Mitglieder des Schoenberg-Chors (Leitung: Erwin Ortner) unterstützen das hohe Niveau.